Erstmalige Erwähnung eines Bürgers Namens Leingang 1465 in Bellheim


Im Jahr 1465 wird laut den vorliegenden Quellen erstmals ein Bürger Namens Leingang in Bellheim genannt. Seine Herkunft ist ungewiss, der Eintrag liegt etwa 200 Jahre vor dem Ende des Dreißigjährigen Krieges ( 1618-1648) . Der Erste gut dokumentierte Stammvater unserer Ahnenlinie,
( Johann) Heinrich Leingang wurde 1648 in Bellheim geboren.
Klaus Weigel aus Herxheim hat diese Daten zusammengetragen und mir zur Verfügung gestellt.
Danach deutet alles darauf hin, daß unser Familienname mit großer Wahrscheinlichkeit nicht durch evtl. Einwanderung aus dem Alpenraum nach dem Dreißigjährigen Krieg, sondern vielmehr nach dem Beruf oder der Tätigkeit als LEIN(EN)GÄNGER oder LEINP(FAD)GÄNGER ( Siehe die Seite TREIDELN) schon weit vor 1465 entstanden ist.


Georg Biundo war evangelischer Pfarrer in Bellheim und hat sich als Historiker einen Namen gemacht. In seinem 1930 erschienenen Buch BELLHEIM IM WANDEL DER ZEITEN beschäftigt er sich mit der Historie der Gemeinde Bellheim.
So dokumentiert er unter “ Weitere alte Familiennamen“ unter der Jahreszahl 1465 auch den Namen Leingang ( siehe Bild).
Später erscheinen dann Leingangs in verschiedenen Funktionen innerhalb der Gemeinde, nämlich als
“ Bürger „, „Gerichtsmann“ „Almosenpfleger“ und „Schultheiß“.


In den darauffolgenden Jahrzehnten ist die Datenlage etwas unsicher. 1573/74 erscheint ein Hans Leingang als Almosenpfleger, wie die eingefügte Kopie aus Biundos : „Bellheim im Wandel der Zeiten“ zeigt. Möglicherweise war das der Vater oder Großvater von (Johannes) Heinrich Leingang, dem späteren Schultheißen von Bellheim.


Verlässliche Daten finden sich erst wieder mit Johannes
( Hans) Heinrich Leingang ( * 1648, + 12.01.1715), der laut der Kopie aus Biundos Buch das Amt des Schultheißen in Bellheim ausübte. Damit dürfte wohl sehr wahrscheinlich sein, -wie bereits gesagt- daß die Ersten Leingangs schon vor 1465 hier seßhaft waren und nicht erst nach dem Dreißigjährigen Krieg eingewandert sind.


Es muß ein großes Fest gewesen sein:
1689 heiratete ein Bellheimer Leingang nach Rülzheim. Er machte eine sehr gute Partie. Er heiratete die Tochter des hiesigen Schultheißen. Es war allerdings eine Standeshochzeit, denn er war ebenfalls der Sohn des Bellheimer Schultheißen.
Es handelte sich um
Johannes Georg ( auch Geörg geschrieben) Leingang , * um 1669 wahrscheinlich in Bellheim, + 25.04.1717 in Rülzheim.
Er heiratete am 22.11.1689 in Rülzheim Anna Catharina Dudenhöffer (T.d. Rülzheimer Schultheißen Johann Valentin Dudenhöffer u. Dorothea aus Lauterburg) * um 1668 in Rülzheim  + 19.09.1720 in Rülzheim ).
So schrieb mir Klaus Weigel aus Herxheim, in dessen Ahnenreihe sich auch eine Anzahl Leingangs befindet.

Eintrag im Kirchenbuch von Bellheim über die Heirat von Anna Catharina Dudenhöffer und Johann Georg Leingang
(Quelle: FamilySearch, nach Registrierung)

Hochzeit im Park.“ Das ist der Titel des nebenstehenden Bildes aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Vielleicht kann man sich auch so die Hochzeit von Johann Georg Leingang und Anna Catharina Dudenhöffer 1689 vorstellen. (Quelle:Wikimedia)


Johannes Heinrich Leingang

Klaus Weigel schreibt weiter:
Beide hatten 8 Kinder wovon 7 Kinder ins heiratsfähige Alter kamen. Es war der Beginn der Leingangs in Rülzheim. ( und damit war er der Urahn aller Rülzheimer Leingangs und deren ausgewanderter Nachkommen).

In der Grafik oben, die mir Aimee Eisenbeis aus den USA zur Verfügung gestellt hat, wird der Familienname der Ehefrau von Johannes Heinrich Leingang mit HESS angegeben. Von ihr ist aber nur der Vorname Anna Margaretha, der Geburtsort Bellheim und das Sterbedatum ( 30.09.1691 in Bellheim ) überliefert. Der Geburtsname Hess darf angezweifelt werden, er war, auch nach Meinung von Klaus Weigel aus Herxheim, hier in der Region nicht weiter nachweisbar.


Diese Nachforschungen von Klaus Weigel aus Herxheim Ende 2019 gaben mir den Anstoß, diese Seite über den Namen Leingang zu aktualisieren. Die Schultheißen waren damals Amtsträger und der jeweiligen Herrschaft verantwortlich. Sie standen an der Spitze der örtlichen Verwaltung und der örtlichen Gerichtsbarkeit . Hier ein Auszug aus dem Buch „Rülzheim in Wandel der Zeiten“ von Karl Geek, Rülzheim.
Weitere Informationen zum Stand der Schultheißen findet man auf Wikipedia .


Hier ein Holzschnitt, den ich auf Wikipedia gefunden habe:

Hörige Bauern übergeben ihre Abgaben an den Meier oder Schultheiß.
Holzschnitt, 15. Jh. (Quelle: Wikipedia)

Rülzheimer Schultheißen

Das Junge Paar wohnte nach der Heirat in Rülzheim, dem Nachbarort zu Bellheim und mit dieser Heirat war erstmals der Name Leingang in Rülzheim nachweisbar. Damit war der Grundstein gelegt für die Rülzheimer Linie der Leingangs. Aus dieser, auch meiner eigenenen Linie, ist auch ein Leingang , nämlich Johann Valentin Leingang ( * 27.07.1691, + 04.06.1764 ) als Schultheiß in Rülzheim nachweisbar.
(Kopie aus “ Rülzheim im Wandel der Zeiten“, 1991, Gemeinde Rülzheim, Gesamtredaktion Karl Geek)


Klaus Weigel schreibt weiter: Der Vater von Johann Georg Leingang war (Johann oder auch Hans geschrieben ) Heinrich Leingang, dieser wurde um 1648 geboren und verstarb im Alter von 67 Jahren am 12.01.1715 in Bellheim.
Verheiratet war er zweimal.
Mit Anna Margaretha ( Geburtsname unbekannt) aus Bellheim, die er vor 1672 heiratete.
Seine zweite Frau heiratete er am 17.06.1692 in Bellheim, sie hieß Anna Catharina und war eine verwitwete Scherrer aus dem Nachbarort Hördt. Der Pfarrer nannte sie eine „junge Witwe“, die zweite Ehe blieb jedoch Kinderlos. ( Anbei eine Kopie aus Biundos “ Bellheim im Wandel der Zeiten“) 

Respekt vor der Arbeit von Ahnenforschern: So sieht die Sterbebeurkundung von Joh. Heinrich Leingang aus Bellheim aus. Wie damals üblich war alles handschriftlich eingetragen, häufig in lateinischer Sprache. So muß die Handschrift erst mal entziffert und dann evtl. noch übersetzt werden.
(Quelle: FamilySearch, nach Registrierung)

Johannes Heinrich Leingang

Johann(es) Heinrich Leingang hatte aus der Ersten Ehe mit Anna Margaretha aus Bellheim ( Familienname unbekannt) sieben Kinder. Siehe nochmals die beigefügte Bilddatei, die mir freundlicherweise Aimee Eisenbeis ( USA) zur Verfügung gestellt hat und deren Ahnenlinie auch mit Joh. Heinrich Leingang aus Bellheim beginnt. Ganz oben in der Nachkommen-Linie von Johannes H(einrich) Leingang befindet sich Johann Georg (Geörg) Leingang, der – wie eingangs beschrieben- die Tochter des Rülzheimer Schultheißen geheiratet hat und mit dem sich auch meine eigene Rülzheimer Ahnenlinie fortsetzt.


Johann (Hans) Heinrich Leingang wird in dem Buch von Georg Biundo von 1696 bis 1705 ( siehe beigefügte Kopie) als Schultheiss von Bellheim geführt. Klaus Weigel schreibt aber dazu:
( Johannes ) Heinrich Leingang war schon weit vor 1695 -Schultheiß in Bellheim ( lt. Kirchenbuch Bellheim).
Nach seinen Unterlagen dauerte seine Zeit als Schultheiß 20 Jahre.


Georg Biundo, Bellheim im Wandel der Zeiten

Klaus Weigel hat diese Daten aus den entsprechenden Kirchenbüchern und aus dem Buch von Georg Biundo
BELLHEIM IM WANDEL DER ZEITEN, recherchiert.
(Georg Biundo , Bellheim im Wandel der Zeiten, Selbstverlag , 1930,
Pfälzische Landesbibliothek, Speyer/Rhein)


Auch die entsprechenden Quellen in dem Buch RÜLZHEIM IM WANDEL DER ZEITEN ( siehe oben, 1991, Gemeinde Rülzheim, Gesamtredaktion Karl Geek) bestätigen, daß der Name Leingang erst durch Einwanderung aus dem Nachbarort Bellheim Mitte des 17. Jahrhunderts in Rülzheim erstmals auftaucht.


In der Rülzheimer Ortschronik RÜLZHEIM IM WANDEL DER ZEITEN wird über die Zuwanderung nach Rülzheim berichtet:

Kopie aus „Rülzheim im Wandel der Zeiten“





Auszug aus „Bellheim im Wandel der Zeiten“
Hier wird für das Jahr 1629 ein Hans Leingang genannt, wahrscheinlich der Vater von Bernhard Leingang.


Eine Zeittafel über den frühen Nachweis des Namens Leingang in Bellheim sieht dann so aus:

1.) Im Jahr 1465 wird erstmals in Bellheim ein Bürger Namens Leingang
nachgewiesen. Das war offenbar der Stammvater der Bellheimer und
damit auch der Rülzheimer Leingangs.

2.) 1573/74 wird ein Almosenpfleger Hans Leingang in Bellheim genannt, möglicherweise der Vater von Hanns Leingang?

3.) 1629 wird ein Hanns Leingang als Gerichtsmann in Bellheim genannt.

4.) 1636 wird ein Bernhard Leingang zusammen mit seinem Vater Hanns Leingang beschrieben. Danach wird Bernhard Leingang 1654 als Gerichtsmann und Bürger zu Bellheim genannt.

5.) 1648 wird Johann (Hans) Heinrich Leingang als Sohn des Bernhard Leingang in Bellheim geboren. Er ist der spätere Schultheiß und Vater von 7 Kindern.

6.) 1689 heiratet sein Ältester Sohn Johannes Georg (Geörg) Leingang in den Bellheimer Nachbarort Rülzheim und begründet damit hier die Rülzheimer Linie der Leingangs.


Nachdem wir nun den Namen Leingang bis 1465 zurückverfolgt haben, sind wir vielleicht der Frage, woher nun der Name LEINGANG stammen mag, einen Schritt näher gekommen.
Aber nur einen Schritt. Es stellt sich jetzt die Frage, woher dieser Erste Leingang stammte und wie er zu seinem Namen kam.
Ich denke, wir werden es wohl nie erfahren.
Wenn ich allerdings die oben genannten neuen Fakten interpretiere, komme ich zu folgender Vermutung:
Wie auch in den oben genannten Quellen belegt, war besonders der Raum Südpfalz nach dem Dreißigjährigen Krieg ( 1618 – 1648 ) und den darauffolgenden Kriegshandlungen schwer betroffen gewesen. Die Dörfer und Städte waren von eigenen und feindlichen Truppen geplündert, die Bevölkerung infolge Hunger, Krankheiten und Kriegshandlungen so stark dezimiert, daß z.B. Rülzheim und auch Bellheim nur noch etwa geschätzte 350 Einwohner hatten. Vermutlich war das auch eine Zeit, in der viele Bürger wegen der herrschenden Not und Perspektivlosigkeit ausgewandert sind. Sicher sind damals aus vielen umliegenden Ländern Menschen in die relativ menschenleere Südpfalz eingewandert. Möglicherweise waren dabei auch Leute, die unseren Namen trugen. Allerdings müssen – wie bereits nachgewiesen -damals schon Leingangs hier gelebt haben, schließlich ist der Name bereits 1465 nachweisbar, also 200 Jahre vor dem Ende des Dreißigjährigen Krieges.
Deshalb denke ich, daß nach meiner Überlegung die Ersten Leingangs Ihren Namen aus ihrer beruflichen Tätigkeit erhalten haben. Nämlich als Leinengänger, Leinpfadgänger bzw. Treidler, die entlang des Rheins an langen Leinen per Muskelkraft oder mit Pferdegespannen Schiffe stromaufwärts zogen, so wie ich es auf der Seite DAS TREIDELN beschrieben habe. Zu diesem Schluß kommt auch Klaus Weigel. Er schreibt mir in seiner e-mail:
Fast ausnahmlos gehen alle Träger dieses Familiennamens in unserer näheren Umgebung auf die Stammlinie der Familie Leingang aus Bellheim zurück. Zwar findet sich im 18. Jahrhundert ……in den Kirchenbüchern aller umliegenden Orte der Familienname Leingang, doch ist das älteste Vorkommen bisher nur in Bellheim nachweisbar.
Die Leininger ( Anmerkung: Einwanderer aus dem Leininger Land) , denke ich, haben mit unserem Namen nichts zu ntun, sonst würde man ihn vermutlich den “ Leininger“ genannt haben. Ich glaube schon an den Leinengänger. Das würde auch bestens passen zum Gebiet am Rhein, wenn man bedenkt, daß unser Nachbarort Hördt direkt am Rhein lag und Schiffahrt gab es schon lange. Später wurde dann aus seinem Beruf der Familienname (wie bei Müller, Becker usw.)….


Soweit die neuen Daten und Fakten. Vielen Dank an Klaus Weigel, daß er mir sein Material zur verfügung gestellt hat!
Aber es geht noch weiter mit seinen Forschungsergebnissen:


Historisches aus der Zeit von Heinrich Leingang, ( 1648 – 1715) dem damaligen Schultheißen von Bellheim:

Klaus Weigel aus Herxheim hat neben der Datensammlung über die Stammlinie der Leingangs auch interessante historische Fakten aus der Zeit des damaligen Bellheimer Schultheißen Heinrich Leingang gefunden. Sie gewähren uns einen Blick auf das damalige Leben und Wirken dieses Mannes
Er schreibt:

Dass Heinrich Leingang gerade in dieser doch sehr schwierigen Zeit das Amt des Schultheißen von 1685 bis 1705 inne gehabt hatte, zeugt von beispiellosem Ehrgeiz und viel Mut. Oft genug konnte der „Erste Vertreter des Dorfes“ zum Spielball zwischen Herrschenden und den ihm vertrauenden Bürgern werden. So erging es auch einige Male Heinrich Leingang, als er sich sowohl bei Vorgesetzten als auch bei den Bellheimer in Ungnade gefallen war. In den nun folgenden Texten, werden zusammengefasste Abschriften aus verschiedenen Quelldokumenten wiedergegeben, um sowohl über Heinrich Leingang, als auch über die Aufgaben und Pflichten der damals in Bellheim lebenden Bürger, etwas nähere Informationen zu erhalten.


Am 26. März 1695 setzte Heinrich Leingang zusammen mit seinem Anwalt Heinrich Hörner eine Abgabe fest, welche von der Kommune an die Pfarrei jährlich zu leisten war. In einer noch erhaltenen Urkunde verbriefte darin die Gemeinde dem Pfarrer das Recht auf den Erhalt des so genannten „Pfarrzehnten“. Damit konnte Bellheim nicht nur dem Pfarrer ein Auskommen garantieren, sondern auch den gesamten Kirchenunterhalt finanzieren. Offensichtlich war dies auch im Interesse der Bevölkerung, da viele Neubürger gerade in dieser Zeit nach Bellheim kamen, weil in vielen anderen Dörfern weder ein Pfarrer noch eine intakte Kirche bereitstanden.



1698 musste Heinrich Leingang in seiner Funktion als Schultheiß, einen sehr unbequemen Befehl des Germersheimer Amtsverwesers ausführen. Dieser befahl ihm, dass er allen in der Gemeinde noch verbliebenen Nichtkatholiken, ihr Vieh nehmen sollte und denen die keines mehr hatten Äxte, Beile oder Leinwand als Ausgleich zu beschlagnahmen. Der Hintergrund war der, dass die bis 1697 in Germersheim und Lauterburg sitzenden Franzosen, alle in ihrem Einflussbereich lebenden Bürger zum katholischen Glauben „Zwangsbekehren“ wollten. Da aber auch für das Oberamt Germersheim, welches zwar zur Kurpfalz gehörte aber von Franzosen besetzt war, der offiziell verkündete „Religionsfriede“ galt, taten die französischen Machthaber alles nur Erdenkliche, um mit allerlei Schikanen und Schlimmeren, die Bürger zum „wahren“ Glauben zurückzuführen. Da gerade Bellheim als eine der wenigen reformierten „Hochburgen“ galt, wollte man diese natürlich rekatholisieren. Sollte ein reformierter Bürger sich weigern dem Befehl nachzukommen, so hatte der Schultheiß „…denen 3 Wochen weniger ein Tag“ (also 20 Tage) Arrest bei Wasser und Brot geben. Als Heinrich Leingang dies im Dorfe bekannt machte, weigerten sich viele Bürger dem Befehl Folge zu leisten und wandten sich an den im Orte noch weilenden reformierten Bellheimer Pfarrer. Dieser schrieb am 3.11.1698, eine an den reformierten Kurfürsten adressierte Beschwerde, in dem er von den immer mehr zunehmenden Schikanen berichtete. Da seit 1697 die Vorderpfalz wieder offiziell unter der Verwaltung des Heidelberger Hofes stand (Zwei Jahre später waren die Franzosen erneut die Herren) war der Fürst natürlich bestrebt seinen Glaubensgenossen zu helfen. Der Priester bekam sogar eine Audienz bei Hofe während der Franzosenhörige übereifrige Amtsverweser sofort seine Unschuld beteuerte und seine Loyalität zum Fürstenhof beschwor. Laut seiner Aussage wurden nur die noch gültigen Gesetze befolgt und die alleinige Schuld läge bei dem Schultheißen Heinrich Leingang. Leider konnte ich nicht in Erfahrung bringen, wie die Sache für Heinrich Leingang damals endete. Es ist zu vermuten, dass es keine Folgen für ihn hatte, da er noch mindestens 7 Jahre lang im Amte blieb.


Kaum waren jedoch im Jahre 1699 wieder die Truppen des französischen Königs im Oberamt, befahlen sie Heinrich Leingang mit dem hiesigen Dorfpfarrer eine Zwangsbekehrung aller Nichtkatholischen Bürger durchführen. Eine alte reformierte Hochbetagte Witwe namens Rosina Stütz, wurde vom Oberamt Germersheim hierzu gewählt. Noch ehe Schultheiß und Pfarrer den Befehl ausführen konnten, floh diese mit ihrem behinderten Kinde nach Heidelberg zum Hof des Kurfürsten, wo sie am 7.08.1700 ihm ihr Leid klagen konnte. Auch in diesem Fall ist nicht bekannt, wie es für die Witwe ausgegangen ist.


Marodierende Soldaten. Sebastian Vrancx 1647, Deutsches Historisches Museum Berlin. Quelle: Wikipedia

Unschwer ist die „Rekatholisierung“ als oberstes Ziel zu erkennen, für das auch Heinrich Leingang eingespannt wurde. Man bemerkt gleichfalls die unklare politische Lage, welche in der Vorderpfalz schon seit Ende des Dreißigjährigen Krieges herrschte und noch mehr als hundert Jahre andauern sollte. Zwar gehörte seit alters her die heutige Vorderpfalz zur Kurpfalz, doch ist der Kurfürst in Heidelberg nicht in der Lage seine Interessen gegenüber der französischen Regierung durchzusetzen. Ähnlich ist auch der deutsche Kaiser der militärischen Macht Frankreichs nicht gewachsen. Die immer deutlicher werdende Ohnmacht gegenüber dem Sonnenkönig und dessen willkürlichen Eroberungsfeldzüge, scheinen erst durch die Bildung einer internationalen Koalition gegen Frankreich langsam ihrem Ende zuzugehen. Doch erst als Frankreich von seinen zahlreichen Kriegen und Eroberungsfeldzügen so ermattet und finanziell ausgelaugt ist, gelingt es einen Frieden auszuhandeln. Zwar gerät der König von Frankreich endlich unter den schon lange fälligen Druck, doch gewährt man dem „allerchristlichen“ Herrscher, entgegen allen Grundsätzen, weiterhin größte Freiheiten in punkto Südpfalz, da man seine selbstverständliche Interessensphäre anerkannte.
Soweit Klaus Weigel.


Georg Biundo (siehe oben), der evangelische Pfarrer und Historiker gewährt uns in seinem Buch Bellheim im Wandel der Zeiten auch einen Einblick in das leidvolle Leben der damaligen Bewohner des Oberamtes Germersheim , zu dem auch Bellheim, Rülzheim und Hördt zählten, während des Dreißigjährigen Krieges (1618 – 1648)


Wegen der besseren Lesbarkeit habe ich den folgendenTextauszug in die heutige Schriftart übertragen. Der Text wurde unverändert so wie in der damaligen Ausdrucksweise wiedergegeben. Georg Biundo schreibt auf Seite 25:
Aber das Maß der Drangsale war noch lange nicht voll, das größte Elend sollte erst über die Bewohner des Oberamts Germersheim kommen, als die unglücklichen Leute durch die rücksichtslose Soldateska zu Befestigung des Schlosses in Germersheim „ausgepreßt“ wurden. 1639 kommen die Bayern und Weimarer, 1640 die Truppen des Herzogs von Longueville und Weimarer und hausen böse in dem unglücklichen Lande. 1642/43 kommen wieder die Bayern und nehmen, was noch zu nehmen ist. Die Bewohner von Stadt und Dorf waren
„im Grund verderbte Leute, so sich jetzo und der wahre Teil im Kriegswesen unterhalten, teils auch ( sich) in den Wäldern hin und her versteckt halten, wilde Kräuter und unnatürliche Speisen , ja wie man an etlichen Orten glaubwürdig berichtet, ihre leiblichen kinder und abgestandener Menschen und Vieh ernähren müssen
Und ein zeitgenössischer Chronist nennt den Zustand im Oberamt um diese Zeit einen “ gantz Viehischen“
Über den kläglichen Zustand läßt sich der Landschreiber Hiltebrandt in einem Berichte vom August 1644 an die Erzherzogin Claudia also vernehmen:
Das Oberamt ( Anm.:Germersheim) ist durch Kontributionen und Plünderungen, das fortgesetzte Kriegswesen, auch Freunds- und Feinds-Einlegungen dermaßen ruiniert worden und wird noch dergestalt traktiert, daß sich zu verwundern ( ist), wie diese armen Leute bisher sich erhalten und bei Haus und Hof verbleiben konnten; wie dann auch die Armseligkeit von denjenigen, so den Augenschein nicht selbst gesehen, schwerlich geglaubt werden kann, indem der meiste Teil der Häuser sowohl in den Städten als auf dem Lande, neben dem etliche Orte gar in Asche gelegt, durch Freund und Feind eingerissen, auch sonsten eingefallen und dergestalten verderbt worden, daß in vielen Orten kein Mensch mehr leben kann.

So schrecklich hauste nach einem Bericht von1644 der Landauer Kommandant Oberst Beaufort, daß man den Leuten, während sie bei der Feldarbeit waren, ihre Habe aus den Wohnungen wegnehmen und das Getreide ausdreschen ließ. Hatte so ein armer Teufel sein bischen Frucht in der Stadt zum Verkauf gebracht, so wurde er auf dem Rückwege von den Soldaten angefallen, des Geldes beraubt und im Falle eines Widerstandes oftmals bis zum Tode malträtiert.“


Der Dreißigjährige Krieg ( 1618 – 1648 ) zog über die Pfalz hinweg, Gewalt, Hunger, Tod mit sich führend. Ob Freund oder Feind – jeder nahm sich alles. Die zeitgenössischen Illustrationen aus Wikipedia zeigen erschreckende Bilder.
Hier wird gezeigt: „Der Galgenbaum“, aus dem 18-teiligen Radierzyklus „Die großen Schrecken des Krieges“ (Les Grandes Misères de la guerre), nach Jacques Callot (1632). Die Abbildung zeigt die Exekution von Dieben (Voleurs infames et perdus) sowie vermutlich auch Marodeuren, die um ihr Leben würfeln (in der Abb. rechts). Die Maßnahme ist kein Willkürakt, sondern erfolgt im Beisein von Geistlichen und entspricht dem damaligen Kriegsrecht, zur Aufrechterhaltung der militärischen Disziplin
. (Quelle: Wikipedia)

An dieser Stelle nochmals vielen Dank an Klaus Weigel, der mir nicht nur den Anstoß gegeben, sondern auch die neuen Daten und Fakten für diese Seite aus seinen eigenen Nachforschungen zur Verfügung gestellt hat!


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25.02.2019